Warum die Frauenquote kommt

Vor fünf Jahren begann das Ende der Männerherrschaft – in Norwegen verordnete eine konservative Regierung die erste Frauenquote. 40 Prozent der Aufsichtsräte norwegischer Unternehmen mussten innerhalb von drei Jahren weiblich besetzt werden. Die Kommentatoren in Deutschland waren sich quer durch alle politischen Lager ziemlich einig: Eine Quote bringt nix. Wenn Frauen so stark sind, wie sie sind, werden sie auch von sich aus den Weg in die Chefetagen finden.

2007 führte Spanien eine ähnliche Quote ein. Vor einem halben Jahr lächelte sich Bayerns Ministerpräsident Seehofer zur Frauenquote in der CSU durch. Vor zwei Wochen war Frankreich dran – wieder eine Rechtsregierung. Nun fällt Ursula von der Leyen in die dirigistische Drohpose: „Angesichts der nur mit der Lupe erkennbaren Fortschritte der vergangenen zehn Jahre schließe ich eine gesetzliche Regelung über einen Mindestanteil von Frauen in Führungspositionen nicht mehr aus.“

Ist Europa vom konservativen Feminismus-Bürokratismus befallen? Vor allem Frauen kritisieren die Quote ja massiv. Sie wollen keine Quotenfrauen sein. Oder sie fühlen sich so jung und stark, dass sie auf solche Gnadenakte von oben pfeifen.

Ein Schuh (mit eleganten High Heels) wird aus der Quotenfrage, wenn wir etwas tiefer darüber nachdenken, warum hierzulande so wenig vorangegangen ist in Sachen „Frauen in der Führung“ – obwohl viele Firmen sich inzwischen redlich bemühen, das zu ändern. Das zentrale Problem ist die männerbasierte Präsenzkultur. Es ist ein Wettbewerb um Anwesenheitszeiten, um kommunikative Präsenz, der die Karrieredynamik antreibt: Wer sein Privatleben der Firma opfert, ist „leistungsbereit“. Ohne dieses Zeit-Über-Engagement bleibt man allenfalls im Mittelbau stecken.

In Skandinavien hingegen herrscht heute eine völlig andere Zeit-Kultur. Wer dort überlange arbeitet, gilt als Minderleister. Er hat schlichtweg seinen Job nicht im Griff. Das gilt auch für Bosse und Ministerpräsidenten, die man dort regelmäßig um fünf Uhr nachmittags beim Einkaufen mit den Kindern sieht. Frauen haben in der Tat Lust auf Karriere. Aber sie wollen auch Zeit für Kinder, Freunde, Partner. Deshalb neigen selbst starke Frauen zum „Salto private“, wenn die Alternative „Karriere mit 14 Stunden-Tag“ droht. Umgekehrt verändern die (wenigen) Frauen, die sich als heldenhafte Avantgardistinnen in die Chefetage vorkämpfen, die männliche Präsenzkultur kein Stück. Sie vermännlichen umstandslos, und zementieren so das männliche Zeit-System.

Die Karrierewelt kann sich nur ändern, wenn eine kritische Masse von Frauen in den Chefetagen eine generell andere Zeitkultur durchsetzt – in Kooperation mit starken Männern die auch kein Interesse mehr daran haben, mit ihrer Familie nur noch auf diplomatischem Wege zu verkehren. Erst dann wird man verstehen, dass langes Hocken in Büros keine bessere, sondern schlechtere Führung macht. Die Verursacher der Bankenkrise waren allesamt Männer, die 16 Stunden am Tag „arbeiteten“. In zehn, zwanzig Jahren werden wir uns an die Männerriegen erinnern wie an das Rauchen in Flugzeugen oder Restaurants – ein bisschen nostalgisch, ein bisschen verwundert, wie das so lange dauern konnte. Manchmal braucht man dirigistische Maßnahmen, um (später) auf Dirigismus verzichten zu können.

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