Angst ist Geschäft. Es hat Hochkonjunktur. Aber das Interesse an Stabilität, auch des Euro, ist größer als alles Gejammer.
Momentan scheinen nur noch zwei Arten von Menschen zu existieren. Die einen kaufen hektisch Gold, fuchteln mit Untergangsvermutungen, schwitzen und träumen schlecht. Das Ende naht, von Wohlstand, Frieden und Freiheit! Ein riesiger Planet rast auf uns zu, der Planet Euro-Melancholia. Die anderen gehen in den letzten langen Sommertagen baden, kochen liebevoll füreinander, radeln durch die Stadt, zeugen Kinder, gründen Firmen. Längst schon haben sie den Fernseher mit dem ewigen hysterischen Gequatsche abgestellt. Die Krisen-Ignoranten. Ich neige zu den Gelassenen. Aus drei Gründen.
Erstens sind unsere Politiker nicht dumm. Ja, Sie haben richtig gelesen: Unsere Politiker machen einen guten Job! Für einen solchen Satz fängt man garantiert hundert Hassmails: typisch, wie sie den turbokapitalismus und seine schergen, die unfähigen politikerbonzen verherrlichen… Eben der übliche verbale Kretinismus, der sich als kritisch ausgibt, aber nur negativ-opportunistisch ist. Ich bleibe dabei: Die gelassene Art, mit der Angela Merkel einen Mittelweg zwischen den Schreihälsen aller Lager geht, verdient meine Hochachtung. Schäuble ist ein wunderbarer Mensch. Der Luxemburgische Präsident Juncker hat einen Humor der Hoffnung. Selbst ein alter Bürokrat wie Barroso läuft plötzlich zu neuer Form auf. Ich vertraue diesen Leuten, dass sie einen Weg für neue Regelsysteme in Europa finden.
Die Krise hat ihre eigenen Stars
Zweitens ist Angst ein Geschäft. Das muss man wissen, wenn man Krisen begreifen will. In einer durchgängig vernetzten Medienwelt bildet sich eine eigene Erregungs-Ökonomie, mit eigenen Gesetzen und neuen Stars. Selbst (eigentlich) kluge Menschen wie Olaf Henkel finden hier einen Resonanzboden für ihre Eitelkeit. Man kann den apokalyptischen Spießer, der in uns allen steckt, wunderbar beschwören. Aber auch hier gilt: die Karawane wird weiterziehen. Was gestern die Islam-Angst war, ist heute Euro-Hysterie. Und morgen vielleicht die Angst vorm Chinesen, oder dem Maya-Weltuntergang im Jahre 2012. Sich diesem Zirkus zu verweigern, das Spiel nicht mitzuspielen, ist eine Form mentalen Widerstands.
Drittens wird der Euro auch in zwanzig Jahren noch existieren. Woher ich das weiß? Zukunft kann man am besten voraussagen, wenn man die Interessen analysiert, die an ihrer Produktion beteiligt sind. Die Spekulanten, vor allem die amerikanischen, haben derzeit ein massives Interesse an einer Instabilität der Eurozone. Aber nicht am realen Zerbrechen desselben, weil es dann nichts mehr zu hebeln gäbe. Die globale Ökonomie ist keineswegs fragil. Wir leben im größten globalen Wirtschaftsboom aller Zeiten. Zwei Milliarden Menschen treten gerade in den Wohlstand ein. Riesige Wirtschaftsräume entstehen, mit enormen Stabilitätsinteressen, die viel größer sind als unser ganzes Gejammer.
50 Prozent der Deutschen sagen, sie hätten die Deutsche Mark gerne wieder. Sie würden sekundenschnell ihre Meinung ändern, wenn ihnen klar würde, was das heißt. Eine Mauer mit Minenfeld rund um Deutschland, weil Millionen von Menschen ihre wertlose Währung in Mark umtauschen wollen! Menschen lernen schnell, wenn es darauf ankommt. Sie entwickelt sich in und durch Krisen. Übrigens: Vier Szenarien zur Zukunft Europas lassen sich unter www.trend-update.de/euro-szenarios/ abstimmen. Machen Sie mit.