Apokalyptische Arroganz

Die Zahlen könnten fataler nicht sein. Nur noch 42 Prozent der Amerikaner – gegenüber 70 vor einem Jahr – glauben an die menschengemachten Klimawandel – und sind bereit, etwas dagegen zu tun. Auch in Deutschland brauchte es gerade einen kalten Winter, um das Thema aus der inneren Wahrnehmung zu verdrängen. War da nicht etwas? Die finale Menschheitsbedrohung? Der Klimawandel?

Ja, da war was. Vor rund drei Jahren wurden wir alle vom Klima-Thema im Kreis herumgetrieben. Die Bildzeitung schrieb „WIR HABEN NUR NOCH 15 JAHRE ZEIT!!!” (in 90-Punkt-Lettern). Jeden Tag wurden immer absurdere Wasserstandsmeldungen verkündet, Pinguine an den Nordpol und Eisbären an den Südpol verfrachtet, wo sie allesamt aussterben würden. „Klimawandel erhöht die Kriminalität” schrieb die Wiener PRESSE. In Österreich kommt sowas immer gut.

Damals versuchte ich, in deutschen Talkshows mäßigende Argumente in die Debatte zu bringen: Klimawandel muss nicht zum Weltuntergang führen, es gab ihn in der Geschichte immer schon, auch ohne Zutun des Menschen. Die Energiewende ist machbar, und sie ist gut auf dem Weg. Prognostische Wissenschaft (wie die Klimaforschung) muss vorsichtiger mit Probabilitäten und Unsicherheiten umgehen. Wer den Leuten Angst macht, erweist der Zukunft einen schlechten Dienst.

Das Resultat waren die üblichen Beschimpfungen als „Leugner” und „Büttel der Ölindustrie” und „Klimasau”, dazu der deutliche Hinweis der Klimaforscher, ich sollte nicht über etwas reden, von dem ich keine Ahnung habe.

Solche arroganten Haltungen rächen sich. Wenn Wissenschaftler in die Rolle von unantastbaren Angstpredigern schlüpfen, kommt es irgendwann zu einem fatalen „backlash”. Was wir hier erlebt haben, ist ein wiederkehrendes Muster. Es handelt von Eitelkeiten, von der ständigen Aktualität archaischer Ängste, von pseudo-religiösen Untergangs-Erwartungen, von Verzerrungen der Wahrnehmung, die irgendwann im „Dienst der guten Sache” zu Fälschungen führen. Roland Emmerich zeigte mit seinen Untergangsfilmen, wie man ein ernstes Thema in der Unterhaltungsindustrie krachend zu Tode reiten kann. Al Gores’s Leiter-Klettereien auf der Bühne entbehren heute nicht einer gewissen Komik. Es waren aber nicht nur die Potsdamer Prediger und die Chefs des IPCC, die mit ihrer apokalyptischen Arroganz der Klimasache einen Bärendienst erwiesen haben. Erst durch die unheilige Allianz mit den Medien entstand jener vergiftete Alarmismus, der immer wieder wichtige Debatten in mentale Müllgruben verwandelt (derzeit wieder einmal die „Soziale-Ungerechtigkeits”-Debatte).

Der Journalist Burkhard Müller-Ulrich schrieb schon vor 15 (!) Jahren in einem visionären Buch mit dem Titel „Medienmärchen”: „Gesinnungsjournalisten verstehen sich als Vorkämpfer des Guten in einer bösen Welt. Deshalb stoßen sie beständig Warnungen aus. Warnen heißt: Eine Befürchtung proklamieren. Eine Befürchtung hat nichts Bewiesenes zum Inhalt. Befürchtungen sind das Gegenteil von Nachrichten…. Indem jedoch dauernd neue Gefahren halluziniert werden, greift eine Art Agonie des Realen um sich, weil niemand mehr in der Lage ist, den Tatsachengehalt der aufgeblasenen Befürchtungsmeldungen zu kontrollieren.”
Das genau ist unser zentrales Zukunfts-Problem.

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