Glückskekse

Die weltweite Meinungsforschungs-Agentur Gallup hat dieser Tage wieder einmal das „Glücks-Ranking” der Welt veröffentlicht. Auf den ersten vier Plätzen (von 155) die üblichen Verdächtigen: Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland. Das „Nordische Modell” mit seiner spezifischen Mischung aus Bürgersinn, Innovations-Kultur und einem soliden, aber eben auch effektiven Sozialstaat, ist schlichtweg unschlagbar in Sachen Lebenszufriedenheit.

Auf den hintersten Plätzen wie erwartet die bitter armen Länder Afrikas. Aber auch einige Überraschungen brachte die neue Zählung der Lebenszufriedenheit (gemessen wird nicht das subjektive Glücksempfinden, sondern die Zufriedenheit mit der allgemeinen Lebenssituation – ein entscheidender Unterschied). Israel zum Beispiel kam auf Platz 8, Costa Rica auf Rang 6, selbst das bürgerkriegsgeplagte Kolumbien brachte es unter die ersten 20 Plätze, ebenso der von Öl und Hitze geplagte Wüstenstaat Turkmenistan.

Welche Zukunfts-Botschaft lässt sich hier erkennen?
Erstens: Die Idee der „glücklichen Armut” ist eine zynische Projektion. Die hierzulande oft geäußerte Meinung, nach der materielle Prosperität eher das Unglücklichsein befördert, ist ein Relikt eines mentalen Postkolonialismus, nach dem die armen Wilden doch bitte tanzen und ökologisch glücklich sein sollen (während man selbst es sich anderweitig gutgehen lässt). Man kann in schweren Lebens-Situationen bisweilen eine trotzige Euphorie empfinden, im Slum fröhlich sein, aber „Glück” in einem dauerhaften Sinn bedeutet, dass Menschen Lebenskompetenzen entwickeln, die sie auch anwenden können. Dafür braucht man berechenbare Umwelten, keine Lottogewinne.

Zweitens: Armut allein macht nicht unglücklich, wenn sie mit Hoffnungen und Perspektiven verbunden ist. Costa Rica befindet sich in einem erstaunlichen Aufschwung; ein Land, das seine Wälder wieder aufforstet, den Öko-Tourismus entwickelt, sich der Globalisierung geöffnet hat. Und – womöglich kein Zufall – im Februar diesen Jahres eine Frau als Präsidentin wählte. Eine Art hoffnungsfrohes  Gegenmodell zu Haiti, dessen soziale Herkunfts-Struktur es teilt. Israel befindet sich zwar in einem chronischen Konflikt, ist aber ein Land voller Wünsche, Innovationen und Exzentriker.

Glücklich werden wir, als Menschen oder Länder oder Nationen, wenn wir Herausforderungen meistern. Wenn wir berechtigt hoffen können, uns als Persönlichkeiten weiter zu entwickeln, etwas Neues zu entdecken, aufzubrechen. Deshalb ist es kein Wunder, dass sich die muffeligen Deutschen nur auf Platz 33 wiederfinden. Wir starren immer noch wie die Kaninchen auf die Schlange auf die alten Wohlstands-Indikatoren. Wenn sich das Bruttosozialprodukt einen Millimeter nach oben oder nach unten bewegt, schreien alle Zeter oder Mordio und rufen abwechselnd nach Subventionen oder Umverteilung. Wie wäre es mit einem Glücks-Wettbewerb zwischen Sachsen, Bayern, Schleswig-Holsteinern, Berlinern etc? Wer am wenigstens grantelt, jammert, nörgelt, den Kapitalismus/ Werteverfall/ Klimawandel/ „die Politiker” für alles verantwortlich macht, hat gewonnen. Das Ausland würde sicher satt staunen, wenn wir „die glücklichsten Deutschen” wählen würden. Und wir selber auch.

Schreibe einen Kommentar