Eine neue Ära der Innovation

Eine gute Botschaft wider alle Panik: Die Zukunft wird spannend.

Ab und zu trifft man Menschen, die noch nie eine Krise hatten. Die in einer harmonischen  Familie aufwuchsen, in der es nie Konflikte gab. Die von Anfang an Wohlstand genießen konnten. Die früh heirateten, nette Kinder haben und eine ewig sichere Karriere.

Mal ehrlich: Finden wir diese Leute wirklich interessant? Mögen wir uns gerne mit ihnen zu einem längeren Gespräch treffen?

In diesem zu Ende gehenden Jahr haben wir gelernt, dass nicht immer alles so weiter geht wie erwartet. Wir sind enttäuscht. Enttäuscht, dass unsere Bankkonten nicht immer dicker, unsere Autos nicht immer schneller, unsere Außenhandelsbilanzen nicht immer besser wurden. Wohlstand, so dachten wir, schreitet einfach immer weiter voran. Und die apokalyptischen Visionen der Jahrtausendwende – vom Millenium-Bug über den Rinderwahn bis zum „Krieg der Kulturen” – hatten sich als übertrieben herausgestellt. Das einzige, worüber wir uns noch wirklich ängstigen konnten, waren steigende Ölpreise.

Aber lassen wir das Wort Ent-Täuschung noch einmal auf der Zunge zergehen. Könnte es sein, dass wir die ganze Zeit einer Täuschung aufgesessen sind?

Die Finanzkrise war ein Auslöser. Aber sie ist eigentlich Schnee von gestern. Es sind viel tieferliegenden Fragestellungen, die jetzt ans Tageslicht kommen.

Ent-Täuschung heißt  auch: Klare Sicht. Die Wirklichkeit sieht so aus: Mindestens 4 Milliarden Menschen auf diesem Planeten drängen in denselben Wohlstand, den wir im letzten halben Jahrhundert genießen durften. Damit das möglich wird, brauchen wir radikale neue Technologien, neue Städte, intelligentere Informationssysteme, neue globale Gesellschaftsverträge, neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Armen. Die Liste ist lang.

Die Wahrheit ist: Alle unsere Kernbranchen, die Banken, die Automobilbranche, die Energiebranche, die Pharmaindustrie, die Medien, tun seit vielen Jahren immer nur das Gleiche. Sie verbessern ihr Marketing. Sie erfinden teurere und kompliziertere Produkte. Sie steigern den Absatz, weil die Märkte global geworden sind. Wirkliche Innovationen im Sinne von klugen, smarten, intelligenten Lösungen: Mangelware.

Von fünfzig Jahren war die Montanindustrie  DIE Kernbranche des Wirtschaftswunders. Damals sagte man: Wenn diese Industrie in die Krise gerät, ist der Wohlstand am Ende. 2 Millionen Arbeitsplätze gingen in diesen Branchen verloren, innerhalb eines einzigen Jahrzehnts. Der Wohlstand erfand sich derweil neu.

Die Banken- und die Autobranche sind die Stahlbranchen der kommenden Jahre. Riesige Organisationen werden zusammenbrechen oder sich umstrukturieren. Ist das wirklich so schrecklich? Eines Tages werden wir aufwachen, uns umschauen und sagen: Gut so! Am Ende könnten flexiblere, erfinderische, mobilere Unternehmen stehen, die auf neue Weise profitabel sind. Und riesige Märkte entstehen: Energienetze, Care-Systeme, Humanressourcen, Bildung neu, Gesundheit Plus…

Aber kann ein solcher Umbau nicht zum völligen Zusammenbruch der Weltwirtschaft führen? Das ist in der Tat möglich, wenn die Panik das Ruder übernimmt. „Es besteht die Gefahr, dass wir derart vom apokalyptischen Virus befallen werden, dass wir letztlich eine wirkliche Katastrophe – den Zusammenbruch unserer Wirtschaft und unseres Lebensstils – herbeiführen, um eine eingebildete Katastrophe zu vermeiden.” So formulierte es  Robert Skidelsky, ein englischer Professor für Nationalökonomie. Roosevelt drückte es in einer viel schwereren Krise so aus: „Das einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht.”

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